Nachruf

Die Deutsche Gesellschaft für Arterioskleroseforschung trauert um ihren Gründer und Ehrenpräsidenten Prof. Dr. med. Eberhard Ludwig Betz

Am 16. März 2022 verstarb im hohen Alter von 95 Jahren der Gründer und Ehrenpräsident unserer Gesellschaft. Prof. Betz wurde am 10. 6. 1926 in Holzhausen Kreis Siegen geboren. Als 17-jähriger Gymnasiast wurde er 1943 zum Militärdienst eingezogen, geriet in französische Kriegsgefangenschaft und konnte erst 1947 die Abiturprüfung ablegen. Er studierte Medizin an der Philipps-Universität Marburg, promovierte dort 1953 und war bis 1959 als wissenschaft- licher Assistent an der Medizinischen Univer-sitätsklinik tätig. Im Jahr 1964 habilitierte er sich an der Universität Marburg für das Fach Physiologie und wurde 1967 auf eine Professur für Klinische Physiologie an der Eberhard Karls Universität Tübingen berufen. Von 1968 bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1993 war er Inhaber des Lehrstuhls für angewandte Physiologie an der Universität Tübingen. Nach seiner Emeritierung begann er Romane und Erzählungen zu schreiben.


Professor Betz entwickelte ein experimentelles Modell der Arteriosklerose durch lokale Elektrostimulation der A. carotis und beschäftigte sich mit den zellulären Mechanismen der arteriosklerotischen Plaqueentwicklung. Er suchte den interdisziplinären Kontakt zu Anatomen, Pathologen, Kardio- und Angiologen, Pharmakologen, Klinischen Chemikern und Zellbiologen und gründete 1986 zusammen mit Prof. Dr. Werner Hauss, Emeritus der Medizinischen Klinik der Universität Münster, die Deutsche „Arbeitsgemeinschaft“, bald darauf „Gesellschaft“ für Arterioskleroseforschung. Die Tagungen fanden die ersten 25 Jahre im Heinrich Fabri Institut in Blaubeuren statt.


Als Gründervater und spiritus rector unserer Gesellschaft trug Professor Betz maßgeblich dazu bei, dass in ihrem Umfeld hochqualifizierte Forschung entstehen konnte. Seine Fähigkeit zur Zuwendung und Wertschätzung war ein stimulierender Nährboden für junge Wissenschaftler und neue Arbeitsgruppen. Mit seiner liebenswürdigen und bescheidenen Erscheinung war er prägend für den menschlichen Umgangsstil der Gesellschaft.


Mit großer Dankbarkeit nehmen wir Abschied von Prof. Dr. Eberard Betz. Wir werden ihm ein ehrenvolles Andenken bewahren und teilen von Herzen die Trauer mit seiner Familie. 


Prof. Dr. Harry Hahmann für die Deutsche Gesellschaft für Arterioskleroseforschung


Nachruf für Herrn Professor Dr. med. Eberhard L. Betz

 

In aller Stille ist am 16. März 2022 Prof. Eberhard L. Betz, Emeritus am Physiologischen Institut der Universität Tübingen, im 96. Lebensjahr verstorben. Geboren im Nordhessischen, gehörte er zu der Kriegsgeneration, die keinen normalen Start in Studium und Beruf hatte. Bereits mit 17 Jahren wurde er als Luftwaffenhelfer in Frankfurt/M eingesetzt. Daran schloss sich der Arbeitsdienst an, dem dann 1944 die Panzeraufklärung folgte. Das Kriegsende erlebte er in französischer Kriegsgefangenschaft, aus der er 1946 entlassen wurde.

Das Gymnasium besuchte er in Dillenburg, wo die Absolventen nach einem weiteren Jahr (1947) zu ihrer großen Freude ein Notabitur erhielten. Es folgte das Studium der Humanmedizin an der Philipps-Universität Marburg mit Promotion und Approbation 1953. Gegenstand seiner Dissertation waren Fragen zur Herzinsuffizienz. Bis 1959 war er zunächst Assistent an der Medizinischen Klinik in Marburg mit Zwischenstationen in der Kardiologie (Bad Orb) und in der Balneologie (Bad Salzschlirf). Danach folgten Assistenzjahre am Physiologischen Institut der Universität Marburg, die allerdings, da keine Stelle vorhanden war, durch eine 1-jährige Beschäftigung als Arzt der Deutschen Bundesbahn und eine kurzzeitige Funktion als stellvertretender Leiter der Medizinischen Abteilung des Krankenhauses Alsfeld unterbrochen wurden. Auch damals konnte es also für Assistenten Stellenprobleme geben, doch hat diese vielseitige klinische Ausbildung ihm einen großen Überblick über viele medizinische Bereiche für seine Tätigkeiten in Forschung und Lehre eröffnet.

 

Nach seiner Habilitation in Physiologie 1964, in der er sich mit dem Zusammenhang zwischen Durchblutung und Metabolismus im Gehirn beschäftigte, erwarb Prof. Betz sehr schnell den Ruf, dass man als Doktorand bei ihm gut betreut würde. Die Betreuung galt den wöchentlichen Laborergebnissen und auch der Präsentation von Fragestellung und Ergebnis vor einem Fachauditorium, so wie man es heute versucht, durch Promotionsstudiengänge für jeden zu regeln. Alle seine Marburger Doktoranden wurden zu Fachkongressen geschickt, sobald Ergebnisse vorlagen. Als er 1967 einen Ruf nach Tübingen auf eine außerordentliche Professur für Angewandte  Physiologie erhielt, gingen zahlreiche Doktoranden als Assistenten mit ihm.



Anfänglich befasste sich Prof. Betz auch in Tübingen mit Untersuchungen zur zerebralen Perfusion, doch wendete er sich nach wenigen Jahren, wohl mit angetrieben durch eigene Krankheitserfahrung, der Arterioskleroseforschung zu. Es gelang ihm rasch, in seinem Institut eine kreative interdisziplinäre Arbeitsgruppe zu diesem Forschungsbereich zu etablieren. Einerseits wurden an einem experimentellen Modell zur Atherogenese, das in Zusammenarbeit mit Prof. W. Schlote, Pathologisches Insitut, entwickelt worden war, zellbiologische Vorgänge untersucht, die zu den landläufig bekannten „Fettablagerungen“ bei der „Arterienverkalkung“ und den oft fatalen Gefäßverschlüssen führen. Andererseits war ihm die Entwicklung von Zellkultursystemen wichtig, die als in vitro Ersatzmethoden, z. B. zur Testung von antiatherosklerotischen Wirkstoffen, verwendet werden konnten. Darüber hinaus ermöglichte er in Pionierexperimenten die Testung von arteriellen Stents bzw. Gefäßkathetern, die heute zu den häufigsten interventionellen Therapien in der Kardiologie gehören.

 

Um auch in Zeiten, in denen an das Internet noch nicht zu denken war, Kooperationen zu vertiefen und Vernetzung zu erreichen, gründete Prof. Betz 1984 zusammen mit Prof. W. Hauss, Institut für Arteriosklerosforschung Münster, die Deutsche Gesellschaft für Arterioskleroseforschung, ein Zusammenschluss vieler experimenteller und klinischer Forschergruppen aus dem In- und Ausland. Die wissenschaftlichen Jahrestagungen, die immer im Heinrich-Fabri-Insitut in Blaubeuren stattfanden, waren geprägt von der offenen, freundlichen, aber auch hinterfragend-diskutierenden Atmosphäre, die von Herrn Betz ausging, und vor allem für die jüngeren Generationen von Wissenschaftlern in bleibender Erinnnerung sind. Der Preis für den jeweiligen besten Poster-Beitrag der Tagung wurde nach Prof. Betz benannt. 

 

Sein Engagement für Institut und Lehre reichten von der Institutsleitung, alternierend mit Prof. R. Jacob über das Amt des Dekans der Fakultät für Theoretische Medizin (1989-1990) bis zur Beteiligung am studentischen Unterricht in Vorlesung und Praktikum, deren Qualität ihm besonders am Herzen lag. Sein ehemaliges Institut ehrt deshalb die besten Klausuren nach dem Physiologie-Praktikum mit dem „Eberhard-Betz“-Preis, bestehend aus einer Urkunde und einem Buch aus seinem umfangreichen schriftstellerischen Oevre

Auch die Aktivitäten, die er nach seiner Emeritierung 1992 entfaltete, belegen seine Kreativität und Vielseitigkeit. Er hat als Hobby-Maler beachtliche Kunstwerke geschaffen und als erfolgreicher Schriftsteller mehrere Bücher mit geschichtlicher oder autobiographischer Thematik veröffentlicht und so seine sehr umfangreiche wissenschaftliche Publikationliste um einen belletristischen Aspekt vergrößert. Seine Neugier, sich weiter über die Welt zu informieren und seine Freude, darüber zu diskutieren, erfüllte er sich bis zuletzt durch die aktive Teilnahme an einem schon von Landesbischof Claaß gegründeten Hochschullehrer- Gesprächskreis mit Wissenschaftlern aus allen Disziplinen. Mit seinem Tode verlieren wir einen der großen Wissenschaftler und inspirierenden Hochschullehrer unserer Universität.

 

Prof. Helmut Heinle, Institut Physiologie der Universität Tübingen

Prof. Richard Meyermann, Institut für Hirnforschnung der Universität Tübingen

 


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